Kritik: Die Vorahnung

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Premonition
USA 2007
Start: 11.10.07

Die Vorahnung

Regie: Mennan Yapo
Drehbuch: Bill Kelly
Darsteller: Sandra Bullock, Julian McMahon, Shyann McClure, Courtney Taylor Burness, Nia Long, Irene Ziegler, Kate Nelligan, Marc Macaulay, Amber Valletta, Peter Stormare

2/10 Punkte

Kritik: Wenn das Zeit- und Raumkontinuum plötzlich in alle Winde verstreut um den Erdball wandert, leichthin die Pforten öffnet und voller Gnädigkeit all die hoffnungslos gefangenen Opfer in der Welt in seine Sphären saugt, ist alle Hilfe zu spät. Ähnlich muss es Sandra Bullock in Mennan Yapos übersinnlichen Humbugtroll „Die Vorahnung“ ergangen sein, in dem die verzweifelte Hausfrau perplex jeden Tag aufwacht und Unglaublicherweise immer einen anderen Wochentag vor die Nase bekommt. Für den ein oder anderen mag es nun keinesfalls neu sein, sieben verschiedene Tage in einer festgelegten Reihenfolge zu erleben, für Frau Bullock allerdings, die neustens für ernsthafte, aber durchgehend lächerliche Kost gebucht ist, schweift in „Die Vorahnung“ immer eine Form der bornierten Langeweile vermischt mit schlürfenden Gang und trostlosen Lidschlägen mit. Keine Frage, wenn auf Dienstag Freitag folgt, dann ein Rücksprung auf Sonntag, drei Tage vorwärts, zwei zurück, sollte jedermann leicht kirre im Kopf werden, soweit der Verstand nicht schon vor solch merkwürdigen Skurrilitäten angeschlagen war. Denn die Befürchtung fieser Alien, die gedankenverloren einen sporadischen Hirnersatz suchten und in Hinblick auf Versuchskaninchen Sandra Bullock fanden, taucht in „Die Vorahnung“ sekündlich auf.

Der Faktor außerirdischer Wesen verschwindet in Mennan Yapos „Die Vorahnung“, dessen biederes und voll von moralischen Stelzen echauffiertes Werk eine witzlose Ethikpredigt darstellt, jedoch schlussendlich lediglich im Brimborium um die herzzerreißende Familiengemeinschaft. Entfernt von jeglichen Subtilitäten stimmt Yapo zwischen den aufgeblasenen Fronten seiner Musiktrommel ein Hohelied auf die Familie an, das an Schmalz und feuchten Backen kaum zu überbieten ist. Sandra Bullocks Linda wacht eines Tages auf und erfährt von einem Sheriff überraschend vom plötzlichen Unfalltod ihres treulosen Mannes Jim Hanson (Julian McMahon). Das Familienglück zerspringt jäh mitsamt von Lindas Töchtern Bridgette (Courtney Taylor Burness) und Megan (Shyann McClure) im schönen Haus an der Ecke. Doch der nächste Morgen bringt einen lebendigen Jim am Frühstückstisch mit sich, der übernächste die Trauerzeremonie, der überübernächste psychiatrische Behandlung. Linda schläft, sie wacht auf, Tag, Nacht, Mann da, Mann weg, Mann in der Dusche, sie in der Dusche, sie verwirrt, er tot, er lebendig. Linda ist hochgradig verwirrt. Tatsächlich ist sie bald nicht mehr die einzige, die am Liebsten den Sprung aus dem nächstbesten Hochhaus wagen sollte.

Zeitreisethriller halten meist ein ratterndes Rad auf ihre Laufzeit am Laufen, möglichst spät und geschickt das gesamte Konstrukt mit einem Umkehrschluss zu schütteln und wenden, jedwede Kleinigkeit mit einem Ruck in die Gesamtheit einzuführen. „Memento“, obwohl ohne mystischen Humbug, erzählte sein spannendes Mär vom Mann ohne Kurzzeitgedächtnis rückwärts, „Donnie Darko“ eine philosophische Studie durch Zeit und Raum, sogar der romantische Schmöker „Das Haus am See“ bot eine grundsolide Liebesgeschichte in zwei Ebenen. Angenommen es gäbe ein Konzept hinter „Die Vorahnung“, in seiner Tragweite wäre es weder spannend, philosophisch interessant, noch ein solides Mittelmaßepochendrama. Die verlorene Chronologie von Sein und Nichtsein quillt über vor seiner gespritzten Variation „Und täglich grüßt das Murmeltier“ mit viel pürierten toten Rabenkadavern, statt lustigen tollenden Nagetieren, einer murrenden Sandra Bullock, statt einem sarkastischen Bill Murray, vielen auseinander gerissenen Tagen, statt der immergleichen Abfolge einer vierundzwanzigstündigen Renaissance. Vielleicht liegt in der müden Konzeption bereits der Krux des unübersehbaren Schmerzes, der in „Die Vorahnung“ nicht nur Sandra Bullock durch die Adern pocht. Vielleicht ist eine Flasche Rum schuld an dem endlos dahinsiechenden Malheur?

Vielleicht waren es schlechte, unendliche Träume? Böse Geister? Oder ein Priester, jederzeit bereit über Prädestination, Determinismus und Kalvinismus den entsprechenden Balg an Büchern von Spinnweben zu befreien? Das Universum, es darf weiterhin bezweifelt werden „Die Vorahnung“ besäße Hintergedanken oder sogar eine ganze „Welt“, die er auseinander nimmt, ist voll gepfropft von absurden Schwarz/Weiß-Schraffierungen mit einer Methodik behandelt allerdings, die davon ausgeht wertvollen Kontext und schlaues Machwerk zu präsentieren und faszinierend weitläufig ein psychologisches Grundprofil seiner krankhaften Hauptprotagonisten zu zaubern. Sandra Bullocks „Schauspieltalent“ besteht wenigstens aus einer immerzu gelangweilten Visage, die in ihrer drögen fanatischen Ausrichtung bei noch so kleinen Regenschauern, pochenden Besuchern und herausgerissenen Telefonbuchseiten erschrocken auf die nächste Holzbank oder gleich in die Dusche kriecht. Wenn sie nicht gerade hysterisch blickend ihre Gegenwart verunsichert, kritzelt sie mal hier und da zusammenhanglose Hinweise von Narben, Leblosen und Beerdigungen auf einen Zettel, bis ihr doch glatt der Einfall kommt, sie könne allein bei dem Gedanken an Jims Tod seine Auslöschung ordern.

Kein Wunder, warum ihre einfältige Persönlichkeit den göttlichen Segen erfuhr. Denn Linda ist eine einzige hoffnungslose Spielpuppe des kosmischen Schicksalsweges und seiner unbestrittenen Wendungen, deren Einhalt sie bis zuletzt verzweifelt nicht einfordert. Mein Mann stirbt? Huh? Ein wahnsinniger Schicksalsschlag, im wahrsten Sinne des Wortes. Von segenreichen Toten lehrt „Die Vorahnung“ neben seiner metaphorischen Übersinnlichkeit nämlich ebenfalls. Den angestaubten Pessimismus vergisst die dreigezackte Teufelsausgeburt Linda ohne all die schnöden Gottes- und Liebesgeschwüre und Hoffnungssperenzien jedoch dankeswert und gibt stattdessen mit Freuden einen passiven Gedankenakrobaten. Große Augen, flacher Atem und immer den Finger in der Luft. Welch erstaunliche Fähigkeit in einer Person, befreit von grausamen Begabungen, doch stecken mag. Ahnungen haben in „Die Vorahnung“ mitunter die einzige Bedeutung in dem bunten Schlund voll von nebensächlichen oder unlogischen Abläufen, deren Sinn darin besteht, Unsinn und Verwirrung in eine sowieso schon grundlos verschachtelte Geschichtsebene einzuflechten. Die Zeitsprünge sind ebenso verlassen, wie das Haus der Hansons keine Kalender, Computer, Uhren mit Datumsangabe, Fernsehprogramme oder weitere typische Bedienstete eines Familienhaushalts aufweist.

Sein bestes Kaliber bewahrt „Die Vorahnung“ allerdings für sein, nach gefühlten drei Stunden der schlurfenden 7-Tage-Zeitrechnung, abruptes und ganz und gar unvorbereitetes Ende vor. Begann die schwachsinnige Fabel mit der hintersinnigen Berechnung, den Tod des blasphemischen Jim, der von Julian McMahon in einer Grauzone zwischen Zombieismus und Eintönigkeit verkörpert wird, zu verhindern, springt Protagonistin Linda in Tag Null, dem erwartenden Mittwoch, in die Rolle der unfähigen Superfrau und rettet in ihrem Wahn leidig den Kopf ihres Geliebten. Indem jener die Reise der Verbrennung antritt. Bis der Umzugslaster den nächsten Morgen einläutet und endlich beruhigendes Schwarz über die angegriffene Leinwand schwappt. Die Vorahnung wird wahr. Es ist doch alles ein endlos geführter Kampf gegen den gespenstischen Hokuspokus einer unmöglichen Gegenwart, die in keiner anderen Zukunft oder Vergangenheit jemals spielen, noch enden wird. Von Außerirdischen könnte guten Gewissens gesprochen werden, die in ihrem ekstatischen Anflug eine Invasion planten und bei der Übernahme des dummen Erdvolkes kalte Ohrenwärmer bekamen, wieder das Weite suchten. „Die Invasion der Hirnfresser im Kabinett des verrückten Doktor Annahme“, beileibe.

Es gibt im Heute kaum noch heuchlerische Machwerke als Yapos „Die Vorahnung“, allein für den aufgesetzten Schleier einer stringenten und gleichfalls logischen Handlungsabfolge, die das Auge förmlich an grenzenlos blaugeleckten Bildkompositionen haften lässt. In seiner erbärmlichen Struktur, gespenstische Malocher aus dem Jenseits auf sieben Tage aufzuteilen, versagt er an Händen und Füßen des übereifrigen Zeitreisepürees, das abseits der Reise in eine fremde Zeit abstruse Vorahnungen und Sagen vom Wochenendflohmarkt bietet.

6 Antworten to “Kritik: Die Vorahnung”


  1. 1 Kult Zyrax September 6, 2007 um 10:32 am

    Kann meinem Vorredner nur zustimmen.Jedoch finde ich bei weitem weniger Inspiration um in eine Welt der Assoziationen und Lebensfantasien einzutauchen.Punkt ist,der Film ist schlecht,unlogisch und langweilig.Als originell könnte man höchstens das Ende einstufen und die Message „Wenn du jemanden liebst treibst du ihn in den Tod“…

  2. 2 Soraly September 6, 2007 um 7:41 pm

    Oder wenn du jemanden nur in Gedanken sterben lässt, soll der Teufel dich holen 😉 .

  3. 3 nadine Oktober 13, 2007 um 6:16 am

    der film war nicht besonders gut aber immerhin besser als diese pseudozynische kritik die so überzogene uns falsch-assoziative elemente aufweist dass ich mir denke der autor hätte wohl kaum ein besseres drehbuch schreiben können.
    im übrigen ist die hinter-hintergrundstory der auseinanderfallenden familie ganz interessant. schade eigentlich, man hätte mehr aus der idee machen können

  4. 4 steffen Oktober 14, 2007 um 9:08 pm

    gut diese kritik gelesen zu haben. ich war im kino, hab mir diesen scheiss-film angesehen und aller 10 minuten überlegt, ob ich endlich rausgehen sollte. irgendwann habe ich nur noch den kopf geschüttelt und später sogar gelacht. soviel schwachsinn muss man erstmal auf einen haufen kehren! das beste zum schluss: kommt doch der herr regisseur höchstpersönlich zum publikumsgespräch, diese feile! oder war es nur ein abgerichteter affe? jedenfalls hat er uns erzählt, dass die specialeffects von terminator 2 sind und er sich mit „sandy“ (sandra bulldogge, die mir übrigens tierisch auf die nerven ging, mit ihrer gespielten depression) ziemlich gut verstanden hat. dieser horst ist eine unglaubliche feile. beware of mennan yapo. (nomen est omen) (und ja, ich bin sauer wegen der 7,50 euro für diesen schwachsinn!)

  5. 5 Dwight März 9, 2008 um 1:32 am

    Bin ich eigentlich der einzige, dem auffällt, das da extrem dummer fehler im film sind? Dienstag läuft das kind durch die Scheibe, Donerstag ist das Gesicht unversehrt und Samsatg hat sie dann wieder Narben.

    HÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ?

    Außerdem bin ich mir auch ziemlich sicher, das sie am Montag Aufkleber aufs Fenster geklebt hat.

    Und zu guter letzt hat der Vater doch am Sonntag gesagt, dass er sie liebt und nicht am Dienstag, wie man dem Ende nach annehmen müsste.

    Die Autoren hätten sich auch mal so eine schöne Zeittabelle machen sollen. So wie die „Sandy“

    Naja aber immerhin fand ich das Ende gut.

    Und ich finde es gut, dass ich nur im 2,80€ kino war


  1. 1 Marc´s Webblog Trackback zu Oktober 15, 2007 um 11:35 am

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