Eine Woche voller verschwommener und herrlicher, manches Mal entzückend langweiliger oder zäher Erlebnisse, liegen hinter Frau Soraly und dem 25. Filmfest München, einer ganzen Reihe von 19 Filmen, einem prall gefülltem Kalender der Kritikermaschinerie. Sie arbeitet, man glaubt es kaum, sieht es aber deutlich, noch immer an einigen Stücken der neusten Filmgeschichte, die das Rückrat besitzen die Soraly noch ein bisschen länger auf Trapp zu halten. In die Fänge gerieten ihr in dieser Woche der 8 Tage schöne, ausgezeichnete, furztrockene, mittelmäßige, erschreckende, grauenhafte, vermaledeite und zähe Brocken aus einer ganz eigenartigen Palette aller Länder des Erdballs (gut, fast aller).
In ihren wilden Schuhen traf sie auf weitaus unbekannte Stelzen des amerikanischen Reiches, sowohl Israel, als auch die Deutschen ließen den Gang auf den roten Teppich jedoch auch nicht scheuen, sie jubelten und klatschten Frau Soraly zu, die vor lauter Glück ganz und gar den schreibenden Stift vergaß. Hinfort mit den Autogrammen oder Fotografien (weder digital noch analog ist sie reichhaltig ausgestattet). Wenigstens lauschen konnte sie ihnen, und das oft genug und ausführlicher, als mehrmals von Nöten gewesen wäre. Anfänglich strahlte sie wie ein Müsliriegel, beim Anblick Werner Herzogs („Rescue Dawn“) eine Reihe weiter vor ihr, später brannten ihre Finger vor der Güte des Megatalents Eran Kolirin und dessen drei Darsteller des Polizeiorchesters („The Band’s Visit“). Eine Nacht später kam der Höhepunkt, der skurrile, passend zum obskuren Rhythmus der „Lynch“-Dokumentation über David Lynch. Nicht nur der Produzent gab seine jugendliche Präsenz zum Besten, nein, im direkten Marsch gab es eine Telfonschaltung zum Regisseur „blackANDwhite“ in Lynchs persönlichem Haus. Leider, beileibe einziges Manko, Herr Lynch persönlich arbeitete in jenem Moment nicht daheim am Lagerfeuer.
Die Runde sprang weiter um. Weiters begegnete Frau Soraly vielen Regisseuren, den Mannen und Frauen rund um ihre Filme, Ishai Setton („The Big Bad Swim“), die putzige Linda Hattendorf und Produzent Masahiro Yoshikawa („Mirikitanis Katzen“), den labernden Produzenten Simon Finch („Death of a President“), irgendwo gesehen den Herrn Regisseur Ronald Bronstein („Frownland“), fluchtartig allerdings nicht bei der internationalen Premiere begrüßt, Richard Linklater im Vorbeilaufen, William Friedkin („Bug“) in hautnaher Gestalt vor und hinter der Soraly, im Zuge eines nicht mehr anwesenden Mika Kaurismäki nur Produzent Uwe Dresch oder Marco Forster (sie ist sich nicht sicher) und Cutter Oli Weiss („Sonic Mirror“). Zwar aufgefangen als geheimer Höhepunkt ihrer Streptokokkenattacken ist ihre Weit-Weit-Weg-Sichtung von Christina Ricci jedoch sehr, sehr schwach ausgefallen. Ein paar beiläufige Worte gab es, keine Chance auf Fotomobile oder Postkartengrüße jedoch, nur der Bodyguard, ja den hätte man zur Rate ziehen können.
In ihrer nachhaltigen Internetrecherche merkt sie gerne noch ein winziges Detail an: zwei Filme, ausgerechnet zwei gute, ließen nach dem Abspann beiläufig ein weiteres Licht blicken. „Delirious“ und geradewegs des Exorzisten Sohn „Bug“ lieferten zwei Sequenzen noch nach. Wenigstens kann Frau Soraly voller Stolz berichten, jene nachgelesen zu haben. Auf ein nächstjährlich bebildertes Festival, heißa.
[Kritiken zu folgenden Filmen bereits verfügbar: „Amazing Grace”, „Auf Anfang”, „Black Snake Moan“, „Bug”, „Delirious”, „Die Liebe in Mir“, „Frownland”, „Lynch”, „Rescue Dawn”, „Smiley Face”, „The Band’s Visit”, „The Big Bad Swim”, „The Lookout“, „You Kill Me”.
Nachgereicht werden:„Death of a President“, „Mirikitanis Katzen“.
Ohne weitere Beachtung entfallen: „Sodom Carnaval“, „Sonic Mirror“, „The Optimists”.]